25.4.2020 Götz Nietsch und Hartmut Pflughaupt
Verkehrstrennungsgebiete (abgekürzt dt. „VTG“, int. „TSS“ =Traffic Separation Scheme) sind eine wichtige Regelung zur Erhöhung der Sicherheit auf den Meeren. Man lese Regel 10 KVR. In diesen Nachrichten haben wir, was Sportboote anbetrifft, mehrfach über Vorkommnisse berichtet („Bitte nicht auf den Schirm geraten“).
In unseren „Hausrevieren“ liegen z.B. die Verkehrstrennungsgebiete TSS Elbe Approach, TSS Off Kiel Lighthouse, TSS Between Korsoer and Sprogoe, TSS South of Gedser, TSS Off Falsterborev, TSS North of Rügen, TSS Bornholmsgat, TSS In the Sound, TSS Hatter Barn (im Samsö Belt).
Ab 1. Juli 2020 gelten im Kattegat sowie vor Skagen neu eingerichtete Verkehrstrennungsgebiete sowie geänderte Wegstrecken für die Großschifffahrt:
- TSS Lilla Middelgrund südwestlich von Varberg (neuer Weg S) *1
- TSS Fladen zwischen den Leuchtfeuern Nidingen und Fladen (SW-lich Halland), beide im Zusammenhang mit dem neu eingerichteten S-Weg zwischen dem Sund und Skagen *2
- Vorsichtsgebiet At Kummel Bank, welches den Zusammenschluss des neuen Weg „S“ mit dem bisherigen Weg „T“ abdeckt und auf der für die Sportschifffahrt wichtigen Route von Göteborg nach Læsø liegt. *3
- Zwei neue Verkehrstrennungsgebiete TSS Skagen West und TSS Skagen East mit dazugehörigem Vorsichtsgebiet zwischen den beiden TSS und eine Küstenverkehrszone zwischen TSS und Festland. *4
- Geänderter Weg „T“ mit neuem Verlauf weiter östlich, dadurch mehr Abstand nach Anholt und Nutzung des Vorsichtsgebiet At Kummel Bank bis zum TSS Skagen East.
- Neue Position der Fahrwassermittentonne Anholt Knob, um den Verkehrsweg „T“ mit mehr Abstand von der Ostspitze Anholts zu legen.*5
1 TSS Lilla Middelgrund | 2 TSS Fladen |
3 Vorsichtsgebiet AT Kummel Bank |
4 TSS Skagen | 5 Anholt Knob |
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In den in diesem Jahr herausgegebenen See- und Sportschifffahrtskarten sind diese Veränderungen bereits eingetragen. Wer das Kattegat befahren will, sollte sich also unbedingt mit neuem Kartenmaterial ausstatten. Verkehrstrennungsgebiete werden von den anliegenden Schifffahrtsbehörden und Polizeien überwacht. Bei Regelverletzungen kann es zu hohen Bußgeldern kommen.
Was ist in und in der Nähe von Verkehrstrennungsgebieten von der Sportschifffahrt zu beachten? VTGs dienen dazu, der durchgehenden Schifffahrt einen möglichst ungestörten und sicheren Verkehr zu ermöglichen. Obwohl dort die Ausweich- und Fahrregeln der KVR nicht außer Kraft gesetzt sind, so haben doch alle das VTG nutzende, berührende oder querende Fahrzeuge besondere Pflichten:
- Die durchgehende Schifffahrt muss den entsprechenden Einbahnweg benutzen und sich von der Trennlinie fernhalten,
- Die das VTG nutzende Schifffahrt muss möglichst an den Enden des VTG ein- oder auslaufen,
- Ein das VTG nicht nutzendes Fahrzeug muss soweit wie möglich das Queren von Einbahnwegen vermeiden. Wenn es jedoch zum Queren gezwungen ist, muss dies möglichst mit der Kielrichtung im rechten Winkel zur allgemeinen Verkehrsrichtung erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass Sportboote im Allgemeinen nicht zum Queren „gezwungen“ sind, bloß weil der kürzeste Weg darüber führt. Es gehören schon schwerwiegende nautische Gründe dazu, über die die Wasserschutzpolizei anderer Meinung sein kann, als man selbst (Dass die Staatsanwaltschaft wiederum anderer Meinung sein kann, als die Polizei, kommt auch vor (siehe "Das gibt es auch").
- Ein Segelfahrzeug, das (ohne aus triftigem Grund gezwungen zu sein) „mal schnell auf die andere Seite“ möchte, da gerade keine durchgehende Schifffahrt in Sicht bzw. weit entfernt, handelt regelwidrig.
- Ein Segelfahrzeug, das wegen der Windrichtung mit Kreuzschlägen das VTG quert und damit nicht mit der Kielrichtung im rechten Winkel zur allgemeinen Verkehrsrichtung fährt, handelt regelwidrig. Es muss, bei Vorliegen eines zwingenden Grundes zum Queren, den „Rechter-Winkel-Kurs“ mit Maschinenhilfe herbeiführen oder das Queren unterlassen.
- Fahrzeuge von weniger als 20 Meter Länge, Segelfahrzeuge und fischende Fahrzeuge dürfen die Küstenverkehrszone, also die Zone zwischen dem VTG und der Uferlinie in jeder Richtung befahren, was im Klartext bedeutet, dass sie es auch tun sollten, statt im VTG zu fahren.
- Ein Segelfahrzeug darf die sichere Durchfahrt eines Maschinenfahrzeugs auf dem Einbahnweg nicht behindern. Das bedeutet: Wenn ich als Segler meine, triftige Gründe für das Queren eines VTG zu haben und ein solches Queren (ordnungsgemäß im rechten Winkel meiner Kielrichtung zur allgemeinen Verkehrsrichtung) umsetze, dann darf ich dennoch keine vermeintliche Ausweichpflicht eines Maschinenfahrzeugs gegenüber einem Segelfahrzeug annehmen, sondern muss mich freihalten. Also: Wenn schon (im begründeten Ausnahmefall) das VTG gequert wird, muss der querende Segler dem durchgehenden Verkehr ausweichen.
- An einigen Endpunkten von VTGs, besonders da, wo mehrere Verkehrswege zusammenführen und sich gemeinsam in das VTG einfädeln, sind „Vorsichtsgebiete“ (Precautionary Areas) angeordnet. Was auch immer dieser Begriff (in den KVR ist er nicht erwähnt) rechtlich bedeutet, so ist Segelfahrzeugen zu empfehlen, solche Gebiete zu meiden.
Die Zunahme an Verkehrstrennungsgebieten im Kattegat und bei Skagen hat also erhebliche Auswirkungen auf die Freizeitschifffahrt, die sich auf ganz anderen Kursen bewegt, als die durchgehende Berufsschifffahrt. Größere Vorsicht und sorgfältigere Reiseplanung sind anzuwenden, verbunden mit meist längerer Reisedauer.
Wir haben im Folgenden die Verkehrstrennungsgebiete (TSS) mit den Trennzonen, Vorsichtgebieten (Precautionary Area), Routen und Tiefwasserwegen in der Ostsee grafisch aufbereitet. Natürlich eignen sich diese Darstellungen nicht zur Navigation und sollen lediglich eine Übersicht und Hilfe bei der Routenplanung darstellen.
Kattegat | Belte und Sund | Westliche Ostsee |
Südliche Ostsee | Zentrale Ostsee | Nördliche Ostsee und Ålands |
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(Quelle: NV-Verlag)
Bilder mit freundlicher Genehmigung des NV-Verlages