4.4.2013, Goetz-Anders Nietsch. In unserem Beitrag „Wetterberichte auf MW und LW“ vom Oktober 2012 wurde über das drohende Aus von Rundfunksendungen über Mittel- und Langwelle berichtet. Wenn es so käme, würde der Empfang von Seewetterberichten deutscher Radiosender im Ausland und auf See nicht mehr möglich sein. Wir forderten die Leser auf, ihre Meinung dazu in einer E-Mail an die web-Redaktion auszudrücken.
Es sind zehn E-Mail-Antworten eingegangen, nicht sehr viele, aber dafür sehr gewichtige, d.h. gut begründete von erfahrenen Seglern. Wir sahen uns also veranlasst, die Segler-Bedenken der zuständigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) mitzuteilen. Diese Institution wirkt bei der Mittelvergabe für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten mit und prüft auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Die Antwort bestätigt die schlimmsten Befürchtungen.
Die KEF schreibt: „Neben UKW und der Übertragung von Hörfunksignalen über Satellit und das Internet (Radio-Apps auch für das Smartphone) wird Hörfunk mittlerweile auch per DAB+ übertragen. Die Vielzahl der Hörfunk-Verbreitungswege ist also groß. Einige der ARD-Anstalten haben die Ausstrahlung über Mittelwelle bereits eingestellt. Nun kann man schon nicht einmal mehr messen, wieviele Zuhörerinnen und Zuhörer überhaupt noch Lang- und Mittelwelle aus Deutschland empfangen. Die Wirtschaftlichkeit der teuren und natürlich wegen der großen Sendeleistungen auch sehr energiehungrigen Ausstrahlungen ist daher nicht mehr gewährleistet. Darauf musste die KEF reagieren. Ich bedaure, Ihnen keine bessere Antwort geben zu können. Ob auf Ihrem Schiff eine dynamisch nachgesteuerte Satellitenempfangsanlage eine Alternative wäre?“
Man könnte diese Antwort kritisch kommentieren. Man könnte fragen, was denn „wirtschaftlich“ in diesem Sinne bedeutet. Etwa, ob Geld nur dort eingesetzt werden soll, wo die meisten Hörer sind? Und das, wenn vor dem Abschalten nicht einmal die Zahl der Hörer gemessen wurde, wie die KEF selbst schreibt? Im übrigen soll der öffentliche Rundfunk ein ausgewogenes Programm aus Information und Unterhaltung bringen. Wenn es nur nach der Zahl der Hörer ginge, könnte man sich Schlimmstes vorstellen.
Doch wir sollten solche Fragen lassen. Die sind sicher alle schon in der Kommission behandelt worden. Wir wenden die Entscheidung nicht mehr zurück. Das ist zu bedauern, aber irgendwo auch zu verstehen, zumal in einer Zeit der Energiewende, in der neuere, energieärmere Sendeverfahren Vorrang vor technisch älteren Energiefressern haben müssen.
Es wird also schon in kürzester Zeit notwendig sein, dass wir uns wieder einmal technisch neu orientieren müssen, was ohnehin die meisten schon längst tun. Das klassische Radio gehört auf den Schrott. UKW-Empfänger, Smartphone, Digital-Radio, internet-fähige PCs, Handy und SMS-Abrufe von Wetterdiensten übernehmen. Die sind aber alle terrestrisch gestützt und empfangen nicht über die engste Küstenzone hinaus. Die Alternative einer dynamisch nachgesteuerten Satellitenempfangsanlage ist zur Zeit nur für wenige, weltweit fahrende Yachten preislich realisierbar. Was also tun?
Der Verfasser empfiehlt eine andere Alternative: einen Wetterempfänger, der die auf Lang- und Kurzwelle als Funkfernschreiben (RTTY) ausgesendeten Meldungen des Deutschen Wetterdienstes dekodiert, speichert und auf Display anzeigt. Er kostet zwar mehr als ein herkömmlicher Allwellen-Radioempfänger, bietet aber viele Vorteile, nicht zuletzt den, dass man nicht mehr zu festen Sendezeiten „auf Empfang“ sein muss. Und: der Empfang ist nicht an der Küste zuende. Das übliche Langwellengerät empfängt im Umkreis von ca. 300 Seemeilen um den Sender Pinneberg, also von der südwestlichen Nordsee bis vor die Stockholmer Schären. Wenn ein Kurzwellenteil integriert ist, deckt die Reichweite alle Vorhersagegebiete des DWD vom Nordkap bis zu den Kanaren ab. Mit einem angeschlossenen Notebook lassen sich Wetterkarten anzeigen. Ein Navtex-Empfänger ist allerdings kein Ersatz.
Liebgewordene, alte Einrichtungen gehen ganz schnell den Bach runter. Das war schon mit den deutschen Küstenfunkstellen, der Grenzwelle und Hein Gas so. Anderes tritt an ihre Stelle, manchmal besser, manchmal schlechter, aber immer gewöhnungsbedürftig. Wir müssen uns umstellen.