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16.3.2019 Maike Christiansen

Obfrau Szene/Presse der Hamburger Segler Jugend

IMG 0974Die Qualität des Wassers, also des Elements, in dem wir uns jede Saison wieder mit unseren Booten bewegen, nimmt immer stärker ab. Müll bedeckt auf den Ozeanen mittlerweile die Flächen von Ländern. Warum wir gerade beim Segeln auf die Umwelt achten sollten - ein Plädoyer für mehr Nachhaltigkeit im Segelsport.

Eine 1,5 l Plastikflasche, ein halb vergammelter Turnschuh, eine 1 l Glasflasche, ca. ein Quadratmeter Verpackungsmaterial, eine 0,75 l Glasflasche, zwei Plastiktüten, eine Chipstüte, eine Hand voll unidentifizierbarer Klebereste. Das ist der bisherige traurige Rekord an Müll, den ich in einer zweistündigen Einheit von meinem Trainerboot aus aus dem Wasser gefischt habe.
Zugegeben, es ist nicht immer so schlimm. Und obige Sachen sind wahrscheinlich vom Ufer und nicht von einem Boot aus ins Wasser geraten. Dennoch sollten wir Segler uns bewusst werden, dass auch Segeln - insbesondere das Regattasegeln - nicht so ein umweltfreundlicher Sport ist, wie man meinen könnte. Spätestens seit den Olympischen Spielen in Rio 2016, wo einige Wassersportler durch die Verschmutzung der Guanabara-Bucht erkrankten, steht fest: Die Qualität des Wassers geht uns alle etwas an! Bevor wir aber mit dem Finger auf andere Länder zeigen oder von der vorbildlichen Mülltrennung in Deutschland schwadronieren, fassen wir uns doch mal an unsere eigene Nase und überlegen, wo die Schwachpunkte unseres Sports sind und wie wir zu einer Nachhaltigkeit im Segelsport beitragen können. Auch kleine Schritte können viel bewirken!
Es geht bei den Booten los: Unsere Boote sind aus Kunststoff, unsere Segel aus Chemiefasern, unser Reparaturmaterial aus Harz, unsere Segelkleidung aus GoreTex 3 Lagen Laminat. Dazu kommt dann noch das Drumherum - wir fahren durch die ganze Bundesrepublik zu Regatten, wir verbrauchen unglaubliche Mengen Benzin für die Trainerboote, in der Fressbox sind in Plastik eingepackte Müsliriegel, einzeln in Plastiktüten verpackte Brötchen, eine Packung Schokobons und zwei Caprisonnen verstaut und in jedem Boot, was auf einem Regattaparcours rumschippert, befinden sich mindestens drei 0,5 l PET-Flaschen, die jeweils nur noch zur Hälfte gefüllt sind, weil durchgeschüttelte Apfelschorle ja nicht mehr so gut schmeckt wie frische. Das Müslipapier und die Brötchentüte rutschen gerne aus den nassen, glibschigen Händen und werden vom Winde auf Nimmerwiedersehen verweht, und bei einer Kenterung rutschen die lose im Boot liegenden Flaschen ins Wasser und werden, wenn sie Glück haben, vom Trainer oder vom Segler selbst wieder aufgesammelt.
Schauen wir uns doch mal an, was passiert, wenn die Flasche nicht wieder aufgesammelt wird.
Zunächst treibt sie, angeschoben von Wind, Wellen und, soweit vorhanden, Strömung, in eine bestimmte Richtung. Da die meisten von uns auf Binnenseen, Flüssen beziehungsweise auf dem Meer relativ dicht unter Land segeln, wird die Flasche irgendwann am Ufer angespült. Dort bleibt sie im Schilf liegen, im Schlick, am Strand. Falls sie nun jemand aufsammelt und ordnungsgemäß entsorgt - prima! Der wahrscheinlichere Fall ist jedoch, dass die Flasche am Ufer liegen bleibt, wo sie ständiger UV-Strahlung und der mechanischen Einwirkung von Wind und Wellen ausgesetzt ist. Durch die Strahlung geht der Weichmacher aus der Flasche heraus, die Flasche wird spröde und zerbricht letztendlich durch Wind und Wellen. Mit der Zeit werden die Teile immer kleiner, bis sie so klein sind, dass sie von Organismen aufgenommen werden können, z.B. Fischen oder Vögeln. Das Plastik löst sich niemals auf, es zerreibt nur langsam mit der Zeit so stark, dass wir es mit menschlichem Auge nicht mehr wahrnehmen können.
Die Tiere verwenden das Plastik zum Nestbau oder sehen es fälschlicherweise als Nahrung an. Dies stellt sowohl für die Tiere als auch für uns Menschen ein Problem dar. Es gibt zum Beispiel immer wieder Fälle, wo Seevögel verhungern, weil ihre Mägen voll mit Plastik sind, welches sie fälschlicherweise als Nahrung eingestuft haben. Weiterhin nehmen auch Fische das Plastik auf, wodurch es letztendlich auch in unserer Nahrungskette landet.


DSC 1816Man sieht also: Nicht nur der Müll, den man mit bloßem Auge wahrnehmen kann, ist ein Problem. Und wenn wir unserer Umwelt und damit letztendlich auch uns nicht schaden wollen, sollten wir versuchen, Müll, insbesondere Plastik, so gut es geht zu vermeiden - sowohl auf dem Wasser als auch an Land.
Langsam wird das Thema auch in der Segelcommunity präsenter. So setzt sich beispielsweise der Schweizer Seglerverband für plastikfreie Clubhäuser, weniger Plastikaufkleber auf Booten und Autos und, soweit möglich, den Einsatz von E-Motoren auf Begleitbooten, Bojenlegern etc. ein. Auch der Deutsche Seglerverband schreibt in seinen bekannten ,10 goldenen Regeln für Wassersportler‘ u.a.: „Helfen Sie, das Wasser sauber zu halten. Abfälle gehören nicht ins Wasser.“ Auf deutschen Regatten gibt es Strafen für Teilnehmer, die absichtlich Müll ins Wasser werfen. Und einen im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltigen Eindruck hinterließ das Volvo-Ocean-Race-Team ,Turn the Tide on Plastic‘, welches während der Regatta um die Welt auf das große Müllproblem der Ozeane aufmerksam und sich für Nachhaltigkeit stark machte.
Was können also wir im Kleinen tun, um weniger Müll zu produzieren und Plastik zu vermeiden?
Nun, zum Beispiel können sich Vereine dafür einsetzen, dass in ihren Segelabteilungen weniger PET-Flaschen verwendet werden - insbesondere bei Trainingslagern kann es einen riesigen Effekt haben, wenn statt der Ausgabe einzelner Flaschen ein Getränkespender aufgebaut wird, wo sich die Sportler ihre Getränke abfüllen können. Am Coolsten wäre dabei natürlich eine ,Vereinsflasche‘, bedruckt mit dem Stander oder Logo des Clubs. Vielleicht ist das ja eine Idee für die Preise bei der nächsten Vereinsregatta?

 

Eine weitere Idee ist das Recycling bzw. Upcycling von Materialien. Das Großfall ist angescheuert? Kürze das beschädigte Stück raus und bastel einen Cunningham draus. Das Fockfall ist so alt und steif, dass es zum Segeln nicht mehr zu gebrauchen ist? Super, als Wäscheleine, über der du dein Ölzeug trocknen kannst, eignet es sich immer noch. Dein Segel ist alt und kaputt? Schnapp dir eine Nähmaschine und lass deiner Kreativität freien Lauf - Taschen, Vorhänge, Buchumschläge, Jacken, Sonnensegel, Schürzen sind nur einige der Sachen, die man aus Segeltuch nähen kann. Und Ideen für Weihnachtsgeschenke hat man dann auch gleich.
Um noch weiter den Plastikverbrauch zu reduzieren, kann man darauf achten, Essen weniger in Plastiktüten zu verpacken und stattdessen eine Brotdose dafür zu nehmen. Diese sind zwar auch aus Plastik, können aber viel öfter wiederverwendet werden. Auf die lange Sicht gesehen lohnt sich das also.
Last but not least: Wir Segler sind ja so ziemlich überall zu finden, auf jedem noch so kleinen Binnensee, auf Flüssen und auf den Meeren. An Stränden und sonstigem Ufer natürlich sowieso. Wenn wir jetzt an all diesen Orten darauf achten, keinen Müll zu hinterlassen, und, soweit möglich, sogar umhertreibenden Müll auffischen und an Land ordnungsgemäß entsorgen, und diese Mentalität schon unseren jüngsten Optiseglern beibringen - dann sollten unsere Gewässer doch schon bald viel sauberer sein.

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Bilder Copyright Maike Christiansen - Bernd Christiansen - Niko Zach

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