15.10.2016 Webredaktion
Es fällt nicht leicht , einer traditionellen Veranstaltung Gerechtigkeit angedeihen zu lassen, die sich Wettfahrt nennt, aber vom Start weg zum „Flautentreiben“ verurteilt ist. Für den veranstaltenden SCOe gab es das in Jahrzehnten noch nicht. Was wäre, wenn bei diesem Hochsommerwetter ein wenig Wind geweht hätte, für eine erlösende Kreuz vielleicht--und das ungute Gefühl hätte sich bei mir völlig verflüchtigt. Mit einer Meldezahl von 54 blieb der SCOe nicht viel unter den Erwartungen: Aber die Flotte ist so divers wie eh und je. Deshalb kann man die wenigen, verbliebenen Klassenboote, die einen Vergleich mit anderen nicht scheuen, mit allen Einzelbauten immer weniger zu halbwegs homogenen Gruppen sortieren.
Bei halber Ebbe erfolgte der Start am Jachthafen Wedel elbab. Bei leichtem Ost 1 trieb die Flotte mehr als dass man segelte; nach ca. zweieinhalb Stunden erreichten wir die Radarstation auf Pagensand. Das sind 9,75 Meilen, wo das abgekürzte Ziel der Tonne 98 gegenüber lag. Die Ebbe lief noch reichlich eine Stunde länger; es war im übrigen Nipptide.
Während der ersten Stunde nach dem Start blieb es im Fahrwasser überall unruhig. Die Ufer reflektierten jeden Wellenschlag. Kaum ein Spinnaker erfüllte seinen Zweck. Zwei Mitbewerber bargen deshalb ihre Großsegel und versuchten es unter Spinnaker solo. Ich konnte unsere ausgebaumte Fock nicht zum Stehen bringen, egal, wie weit ich meinen Kurs auch anspitzte. Deshalb kam ich dem roten Tonnenstrich an der Nord ungewollt viel zu nahe.
Positiv fiel ins Gewicht: Die Berufsschifffahrt verhielt sich erstaunlich kooperativ, ein Feederschiff nahm ein Stück weit Rücksicht und fuhr mit gedrosselter Geschwindigkeit am Feld vorbei, das sich weit über das Fahrwasser verteilt hatte. Keine Waschpo dampfte im Übrigen als Hütehund umher.
Berend Beilken berichtete, wie er vom Windstau eines sehr großen Containerfrachters von Maersk profitierte, als der Wind für ihn deutlich vorlicher drehte und der Gennaker zog.
Überraschend hielten sich die kleinsten Schiffe im Feld recht wacker. Ein Kurs nahe der Tiefwasserlinie machte sich am meisten bezahlt. Andere versuchten den kurzen Weg vom Dwarsloch Richtung Auberg über die Barre bei Stadersand an der Nord. Wer dann später zum Ziel aus der Mitte wieder höher segeln konnte, der profitierte in der Schlussphase.
Was passiert wenn zwei zusammen in der Flaute treiben? Es profitiert der kleinere. Diese Überraschung kam zutage bei der Ausrechnung der Wanderpreise: Aus der 3er –Gruppe der kleinsten Yardsticker landeten alle drei unter den ersten vier nach berechneter Zeit. Sieger wurde der ca. 60 Jahre alte stählerne VI–KR Seekreuzer „Käpt´n Brass“, ein Spitzgatter“ von Jan Werber. Diese Schiffsform bietet bei niedrigen Geschwindigkeiten den geringsten Wellenwiderstand. Von den 9,75 Seemeilen bis ins Ziel schob uns der mitlaufende Strom ca. 7,5 Meilen in 2,5 Stunden. Bleiben 2,25 Meilen, die wir gesegelt sind- mit einem Durchschnitt von einer Meile durchs Wasser!
Sollte ich diesen „Fehlschlag“ aus sportlicher Sicht übergehen? Mir widerstrebt das: Noch aus jeder Regatta zieht man eine Lehre. Denn besser geht immer. Wir verfehlten den Gesamtsieg um hundert Sekunden- das sind 0,11 %.
Klaus Pollähn
Bilder mit freundlicher Genehmigung des SCOe