Auch als ich versuchte ihm klar zu machen, dass es da gewisse Unterschiede gäbe, erntete ich Unglauben. Er hatte davon noch nie gehört und meinte schließlich: "Na, auf die paar Meter kommt es denn wohl auch nicht an." Meistens nicht, aber manchmal eben doch. So differiert beispielsweise die Position des bekannten Leuchtturms "Roter Sand" zwischen dem Europäischen Bezugssystem (ED 50) gegenüber dem neuen World Geodetic System (WGS 84) immerhin um rund 114 m.
Hand aufs Herz, wer hat nicht schon selbst erlebt, dass die GPS-Position, zum Beispiel eines Ankerplatzes, um Einiges von dem tatsächlichen Ort in der Karte abweicht. Bei schlechter Sicht kann so eine Differenz tödlich sein!
Worum handelt es sich eigentlich? Schon im ausgehenden Mittelalter befassten sich Kartographen und Nautiker mit dem Problem, die Erdkugel auf ebenen Karten abzubilden. Wie wir in den Kursen alle gelernt haben, hat der Geograph Gerhard Kremer, genannt Mercator (1512-1594), erstmals 1596 eine brauchbare, später nach ihm benannte und heute noch verwendete winkel- (aber nicht flächen-) getreue Projektion entwickelt, die erstmals das Absetzen eines geraden Kurses ermöglichte.
Nach Einigung auf den Nullmeridian in Greenwich (1911) und mit ständig verbesserter Genauigkeit von Seevermessung und Ortsbestimmung auf See haben sich verschiedene Bezugssysteme für die Berechnung von Längengraden und Breitenparallelen entwickelt, die sich geringfügig voneinander unterscheiden. Bisher galt für die deutschen Seekarten das Europäische Bezugssystem (ED 50, weltweit gibt es auch noch andere Bezugssysteme).
Nachdem mit der zunehmenden Bedeutung der Satelliten-Navigation dieses System den höheren Anforderungen an Genauigkeit nicht mehr genügte, wurde weltweit das World Geodetic System 1984 (WGS 84) eingeführt. Dieses wird im Jahr 2000 auch vollständig vom deutschen Seekartenwerk übernommen (BSH N2/N3 1/2000).
Bei der Navigation ist dies schon zu schon beachten, da die Abweichungen der Positionen zwischen beiden Systemen immerhin bis zu 1,2 Kabellängen (220 m) betragen können! Da das System am GPS-Gerät eingestellt wird, sollten bei Benutzung älterer Karten die Umrechnungswerte beachtet werden. Einfacher könnte es sein, die Einstellung am GPS zu verändern.
Um beim Beispiel "Roter Sand" zu bleiben: Der Turm liegt nach ED 50 auf 53° 51.227' N, 8° 5,007 O, nach WGS 84 auf 53° 51.185 N, 8° 4,937' O. Ohne natürlich seine tatsächliche Position verändert zu haben, ist er jetzt also um 114,26 m SW-lich "verschoben" worden. Das sollte auch hartnäckigen Ignoranten zu denken geben! Achten sie also darauf., dass das "Datum" der in Gebrauch befindlichen Karte mit dem am GPS eingestellten übereinstimmt.
Was das Fahren nach GPS im Allgemeinen angeht, empfiehlt das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH N 21-1/2000) in Landnähe auch weiterhin den alten seemännischen Grundsatz zu beherzigen, stets alle an Bord verfügbaren navigatorischen Hilfsmittel (zum Beispiel, Peilungen, Abstandsbestimmungen und Lotungen) zur Ortsbestimmung mit heranzuziehen.